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Warum Hygiene in Krankenhäusern bislang nicht im 21. Jahrhundert angekommen ist und GWA sich in Hypros umbenennt

Interview mit Tobias Gebhardt, Gründer und Geschäftsführer des MIG-Beteiligungsunternehmens GWA Hygiene/Hypros

Herr Gebhardt, Sie sind seit 9 Jahren im Bereich der Krankenhaushygiene mit digitalen Lösungen tätig. War die Corona Pandemie in diesem Bereich ein Game Changer?
Gebhardt: Ja und nein. Zunächst hat die Krankenhaushygiene viel mehr Beachtung erlangt. Die Krankenhausleitungen haben sich regelmäßig mit den Hygiene-Verantwortlichen ausgetauscht, es wurden Maßnahmen ergriffen, viel mehr darüber geredet und nachgedacht.

Und warum, nein?
Gebhardt: Inzwischen sind Bewusstsein und Ausgaben für Hygiene wieder auf den Status quo antes zurückgefallen. Es gibt sogar eine Untersuchung, die belegt, dass sich während der Pandemie das stark belastete Krankenhauspersonal mit Mundschutz und Handschuhen in erster Linie selbst geschützt hat und sich die Verbreitung gefährlicher Keime unter Patienten eher noch erhöht hatte.

Woran machen Sie fest, dass multiresistente Erreger in Krankenhäusern heute nicht effizienter bekämpft werden als vor der Pandemie?
Gebhardt: Wir operieren heute weiterhin mit denselben Zahlen von vor Corona. Es gibt jährlich bis zu 600.000 Infektionen mit den sogenannten Krankenhaus-Keimen und bis zu 15.000 Todesfälle.

Warum wird das Problem seitens der Krankenhäuser nicht stärker angegangenen, etwa mit digitalen Lösungen, wie sie GWA Hygiene anbietet?
Gebhardt: Die Krankenhäuser sind in einer finanziell schwierigen Situation. Viele haben die Patientenzahlen von Vor-Corona noch nicht erreicht. Momentan warten die Krankenhäuser erst einmal ab, was die Reformen von Karl Lauterbach ergeben, bevor sie investieren.

Noch unter Jens Spahn wurde das sogenannte Krankenhauszukunftsgesetz verabschiedet, das 4,3 Milliarden Euro von Bund und Ländern zur Verfügung stellt, um deutsche Krankenhäuser zu modernisieren.
Gebhardt: Das Gesetz ist der richtige Ansatz. Krankenhäuser sind ja Länderaufgabe. Der Bund gab und gibt Gelder, um die Infrastruktur der Kliniken zu entwickeln, etwa die Einführung von WLAN, um dann digitale Innovationen wie beispielsweise Patientenportale zu ermöglichen. Dieses Gesetz muss weitergedacht werden und benötigt insbesondere eine Anschlussfinanzierung. Krankenhäuser scheuen die Investitionen in Software, da diese ja laufende Kosten verursachen, die sie dann selbst tragen müssen.

Warum wird verbesserte Hygiene mit digitalen Lösungen in Deutschland eher stiefmütterlich gehandhabt?
Gebhardt: Es fehlt die Lobby für diese oft lebensrettende Aufgabe. Handhygiene in Krankenhäusern ist noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen. Die Niederlande sind hier schon viel weiter. Hier werden meist neu ankommende Patienten gescreent, ob sie Keime ins Krankenhaus tragen.

Wir haben mit dem Kauf von Hypros unser Geschäftsmodell erweitert.

Was bedeutet Ihre Analyse für GWA Hygiene?
Gebhardt: Wir haben mit dem Kauf von Hypros unser Geschäftsmodell erweitert. Hypros, eine digitale Plattform, die zusammen mit dem Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) entwickelt wurde, konzentriert sich mit ihren Innovationen darauf, die Arbeit des Klinikpersonals zu erleichtern. Wir wissen, dass es oft die Arbeitsüberlastung ist, die die nötige Zeit für eine angemessene Handhygiene raubt.

Was konkret macht Hypros?
Gebhardt: Das Pflegepersonal ist bis zu 25 Prozent ihrer Arbeitszeit auf der Suche nach Geräten. Wo befindet sich der Ultraschall gerade? Wo das Beatmungsgerät? Welche Betten müssen bei Patientenwechseln startklar gemacht werden? Für solche Fragen geht enorm viel Zeit verloren, die besser in die Patientenversorgung investiert werden sollte.

Wie löst Hypros solche Fragestellungen?
Gebhardt: Etwa durch Beacons zur schnelleren Ortung. Es sind 30.000 Beacons auf einer Fläche von 1,8 Millionen Quadratmetern Krankenhausfläche im Einsatz. Damit ist Hypros Marktführer in Deutschland. Und auch durch die enge Verbindung zum Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) bleiben wir sehr innovativ.

Zusammen können wir den Krankenhäusern eine digitale Plattform, alles aus einer Hand anbieten.

Wie ist die Aufgabenteilung zwischen GWA Hygiene und Hypros?
Gebhardt: Das ist für uns der eigentliche Game Changer. Zusammen können wir den Krankenhäusern eine digitale Plattform, alles aus einer Hand anbieten. Infektionsvermeidung, Patientensicherheit und Arbeitserleichterung für das Klinikpersonal. So vermeiden wir Silolösungen und können Krankenhäusern eine derzeit einmalige Lösung anbieten. Zusätzlich ergeben sich mit diesem Ansatz noch bessere Synergien mit unserem Gesellschafter und Kooperationspartner Dräger.

Ist dies auch der Grund, weshalb sich die alte GWA Hygiene GmbH nun in Hypros GmbH umfirmiert hat?
Gebhardt: Ja, genau. Unsere Lösung rund um die Hygiene ist nun ein Modul auf unserer Plattform. Das Lösungsportfolio bietet nach der Fusion aber deutlich mehr. Hypros ist eine etablierte Marke im Krankenhausmarkt und eignet sich somit sehr gut für unser erweitertes Lösungsangebot rund um Patientensicherheit und Arbeitserleichterung für das Klinikpersonal.

Zudem haben sich mit der Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (MBG MV) und dem ESB Invest zwei neue Investoren an Hypros kürzlich beteiligt.
Gebhardt: Beide Investoren kenne ich schon mehrere Jahre. Die MBG war in den Anfangsjahren der GWA Hygiene der zentrale Geldgeber. Die stille Beteiligung wurde im Zuge der Finanzierungsrunde mit der MIG 2018 abgelöst. Nun freue ich mich, dass sich die MBG erneut bei uns beteiligt und zusammen mit der ESB Invest uns nach der Hypros Akquisition auf unserem Wachstumskurs begleitet.

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